Hauptmenü

Schiedsstellen - in eigener Sache

Wer könnte die Aufgaben der Schiedsstellen und die Tätigkeit der Schiedsleute besser beschreiben als die Schiedsleute selber? Deshalb nachfolgend auszugsweise ein von den Schiedsleuten der Schiedsstelle Kolkwitz, Herr Matthias Richter und Herr Michael Willmes, verfasster Text:

"Schiedspersonen sind ehrenamtlich tätige Streitschlichter, die bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, wie z.B. Problemen aus dem Nachbarrecht oder bei Strafsachen, wie z.B. Beleidigung, Sachbe­schädigung usw., schlichten helfen. Der Gang zur Schiedsperson ist oft der einfachste Weg, um eine Auseinandersetzung schnell, unbürokratisch, kostensparend und fern der Öffentlichkeit beizu­legen. Das Ziel besteht darin, ein in der Regel langwieriges und kostenintensives Gerichtsverfahren zu vermeiden.

Im Folgenden wollen wir über die Aufgaben und Ziele unserer Schiedsstelle informieren.

Wir Schiedsleute müssen keine Juristen sein und wir sprechen keine Urteile. Voraussetzung ist zunächst, dass wir in der Ge­meinde der Schiedsstelle wohnen; wichtiger als reine Rechtskenntnisse sind Empathie, ausreichend Lebenserfahrung und ein gesunder Menschenverstand.

Nach der Ausschreibung im Kolkwitzer Amtsblatt (07/2020) konnte man sich bei Interesse an dieser ehrenamtlichen Aufgabe in der Gemeinde bewerben. In der Sitzung am 6. Oktober 2020 erfolgte unsere Wahl durch die Gemeindevertreter für die Dauer von fünf Jahren. Während Matthias Richter, der diese Funktion be­reits seit fünf Jahren ausgeübt hatte, im Amt bestätigt wurde, wurde sein Stellvertreter Michael Willmes neu ins Amt gewählt. Das letzte Wort hatte aber der Direktor des Amtsgerichtes Cottbus, indem er uns beide als Schiedsmann bzw. stellvertretender Schiedsmann im November 2020 bestätigte. Erst danach konnten wir mit unserer Tätigkeit beginnen.

Hilfe und Unterstützung bekommen wir durch den Bund Deut­scher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. Durch ihn werden entsprechende Lehrgänge im Zivil- und im Strafrecht angeboten und die für ein Schiedsverfahren notwendigen Formulare zur Ver­fügung gestellt. Das Ganze hilft aber nicht, wenn man am Ende nicht die Unterstützung durch die Gemeinde bekommt, und diese ist in unserem Fall sehr gut. Das betrifft insbesondere die Bereit­stellung der Räumlichkeiten für die Sprechstunden und für die Schiedsverfahren selbst.“

Die notwendigen Angaben zur Erreichbarkeit der Schiedsstellen bzw. der Schiedsleute finden Sie auf unserer Internetseite in den Informationen zur Schiedsstellen unter dem Reiter Zuständigkeit, aber auch in den monatlich erscheinenden Amtsblättern der Gemeinden oder ggf. auch auf den Inter­netseiten der Gemeinden.

„Der Weg zur Schiedsstelle ist nicht immer zwangsläufig vorgege­ben. Oft aber die schnellste, unbürokratischste und preiswerteste Form, einen Streitfall beizulegen. Es gibt jedoch auch Streitfälle, da muss man vorher zur Schiedsstelle, ehe man sich an das Gericht wenden kann. Das sind zum Beispiel Straftaten, bei denen kein öf­fentliches Interesse an einer Strafverfolgung besteht. (…) In einem solchen Fall müssen die Betroffenen, wenn sie klagen möchten, den Privatklageweg beschreiten. D.h., die betroffene Person muss vor Erhebung einer Klage versuchen, sich mit der anderen beteiligten Person außergerichtlich, in einem Schiedsverfahren, zu versöhnen. Privatklagedelikte wären z.B. Beleidigung, Hausfriedensbruch oder die Verletzung des Briefgeheimnisses usw..

Auch für eine Reihe von bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten ist der Versuch einer vorherigen Streitschlichtung bei der Schiedsstelle vorgeschrieben. Hier handelt es sich meist um Streitigkeiten aus dem Nachbarschaftsrecht, wie z.B. Heckenhöhe, Pflanzabstand, überhängende Äste, Einfriedung, Niederschlagswasser usw.

Wie läuft das Schlichtungsverfahren ab?

Um einen Konflikt zwi­schen den Parteien beizulegen, wird durch den Antragsteller bei der Schiedsstelle ein „Antrag auf eine Schlichtungsverhand­lung" gestellt. Dies kann in der regulären Sprechstunde der Schiedsstelle oder aber in einem gesondert vereinbarten Termin geschehen. Neben den Personalien des Antragstellers und des An­traggegners wird der Anspruch bzw. die Anschuldigung formu­liert. Dieser Antrag, nebst der Ladung, wird danach dem Antragsteller und dem Antragsgegner postalisch zugestellt. Die genannten Personen haben persönlich zum festgelegten Termin zu erscheinen. Beim Schlichtungstermin sind dann der Antragsteller, der Antragsgegner und die Schiedsperson zuge­gen. Wenn gewünscht, können die Parteien auch ihren Rechtsanwalt mitbringen. Persönliches Erscheinen der Kontra­henten bleibt aber Pflicht.

In der Schlichtung wird  (…)  zunächst der Sachverhalt ermittelt und sodann gemeinsam nach einer Problemlösung, die möglichst zur einvernehmlichen Streitbeilegung führen sollte, gesucht.“

Dabei können bspw. auch Methodiken aus dem Bereich der Mediation zum Einsatz kommen.

„Indi­viduelle Bedürfnisse der Beteiligten können und sollen dabei be­rücksichtigt werden. Das Gute an einer Schlichtung ist, dass jede und jeder zum Thema frei seine Meinung äußern kann. Anders ist das vor Gericht, da darf man nur sprechen, wenn man gefragt wird. Die Schiedsperson nimmt sich Zeit, hört zu und versucht, bestehende Spannungen abzubauen und hinterfragt die wahren Gründe des Streits. Das kann recht schwierig sein, weil nicht selten die ei­gentliche Ursache der Auseinandersetzung eine gänzlich andere ist, als vordergründig angenommen. Häufig liegt der Auslöser eines Streits viele Jahre zurück und kommt erst in der Schlichtung ans Tageslicht. Hin und wieder kochen in solch einer Runde auch mal die Emotionen hoch. In diesen Fällen ist es die Aufgabe der Schiedsperson, das Gespräch wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen. Letztendlich ist das Ziel der Schlichtung, die beiden Par­teien zum Abschluss einer Vereinbarung zu bewegen. Die betei­ligten Kontrahenten haben es selbst in der Hand, ob es zu einer Einigung kommt. Die Schiedsperson kann nur moderieren, vermit­teln und Vorschläge unterbreiten, nicht aber, wie ein Richter oder eine Richterin, ent­scheiden. Am Ende der Verhandlung gibt es aber immer ein Ergebnis, auch wenn die Kontrahenten sich nicht verständigen. Im Idealfall schließen die Parteien einen Vergleich, der dann auch für beide Parteien, durch ihre Unterschrift bestätigt, bindend ist. Gelingt das nicht, dann wird die Sache mit einer Erfolglosigkeits­bescheinigung abgeschlossen. In dem Fall wäre nun der Weg frei, die Angelegenheit gerichtlich weiter zu betreiben. Die beim Schiedsamt erreichten Verhandlungsergebnisse werden protokol­liert; die vereinbarten Vergleiche sind 30 Jahre lang vollstreckbar, analog einem gerichtlichen Urteil. Die Schiedsperson ist in jedem Fall zur Verschwiegenheit verpflichtet und die Schlichtungsver­handlungen selbst sind nicht öffentlich.

Zu beachten ist, dass eine Schlichtung bei einer Schiedsperson die preiswerteste Form ist, einen Konflikt beizulegen. Die Schlichtung erhält man aber nicht zum Nulltarif. Ein Streitfall bei der Schieds­stelle wird nicht nach dem Streitwert berechnet, sondern nach einer festen Verfahrensgebühr, die sich im zweistelligen Euro-Be­reich bewegt, zuzüglich der angefallenen Sachkosten, wie z.B. Porto und Schreibauslagen.“

Hierzu weiteres in den allgemeinen Informationen unter dem Reiter „Schlichtungsverfahren“.

„Bei einem Gang zum Gericht fallen demgegenüber in der Regel wesentlich höhere Gerichts- und An­waltskosten an; wenn man unterliegt, trägt man am Ende auch noch die Kosten der Gegenseite. (…)  Hat man den Weg über das Gericht gewählt, ist es häufig noch so, dass man zwar für sich ein "positives Urteil" erlangt hat, den­noch man am Ende vor einem Scherbenhaufen steht, denn die menschliche Beziehung zu dem Prozessgegner ist nun völlig im Eimer. Mit ein wenig Entgegenkommen und Verständnis beider Seiten hätte man möglicherweise viel Geld gespart und als Nach­barn eventuell wieder friedlich nebeneinander leben können. Dies alles sollte in Konfliktsituationen bedacht werden.“

Für ihren Beitrag möchte ich bei den beiden Schiedsleuten bedanken. Die Schiedsstellen der dem Bezirk des Amtsgerichts Cottbus zugehörigen Gemeinden bieten Ihnen die Möglich­keit an, bestimmte Streitigkeiten schnell und unbürokratisch zu schlichten. Scheuen Sie sich nicht, Kontakt mit den Schiedsleuten aufzunehmen. Weitere Informationen zum Thema Außergerichtliche Streitbeilegung finden Sie auch auf der Internetseite des Ministeriums für Justiz (MdJ): MdJ: Außergerichtliche Streitbeilegung

Michael Höhr, Direktor des Amtsgerichts